9 digitale Tools für Gehaltsanalysen und Fair Pay

Besser zu verhandeln ist kein Grund für Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen, entschied das Bundesarbeitsgericht. Beim Schließen dieser Entgeltlücken helfen dir praktische Analyse-Tools: für mehr Lohngerechtigkeit und weniger Gender Pay Gap.

Eine Gehaltsnachzahlung von 14.500 Euro und eine Entschädigung von 2.000 Euro: Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hatte Mitte Februar entschieden, dass eine Vertriebsmitarbeiterin bei der Bezahlung aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt wurde. Das Urteil sorgt in Unternehmen für Diskussionen. Denn Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen, der sogenannten Gender Pay Gap, sind noch immer real. Erfahre, was das Urteil für Personaler bedeutet – und entdecke praktische Tools, um Entgeltlücken in deinem Unternehmen aufzuspüren und mehr Entgelttransparenz herzustellen.

Verhandlungsgeschick kein Grund für Lohnlücke

Worum ging es bei der Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht? Ein Unternehmen bot einer Vertriebsmitarbeiterin aus Dresden für die Einarbeitungszeit 3.500 Euro monatlich an. Sie akzeptierte. Ein ebenfalls neu eingestellter, männlicher Kollege, der die gleiche Arbeit machte, handelte jedoch 1.000 Euro mehr heraus. Wegen dieser Benachteiligung reichte die Frau Klage ein und behielt schließlich vor dem höchsten Arbeitsgericht Recht. Das Unternehmen hatte argumentiert, dass ihr Kollege für eine Leitungsposition vorgesehen sei und er besser verhandelt habe.

Das Gericht wies diese Argumente zurück und entschied, dass die Angestellte aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt wurde. Ein besseres Verhandlungsgeschick allein sei kein Grund für unterschiedliche Gehälter. Damit stärkten die Richter in Erfurt das Recht auf gleiche Bezahlung in gleicher Position von Frauen und Männern.

Welche Folgen hat das Urteil?

Die Konsequenz des Urteils: Personaler müssen noch genauer hinschauen. Werden in einem Unternehmen Frau und Mann bei gleicher Arbeit unterschiedlich bezahlt, liegt eventuell eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor. Individuelle Unterschiede beim Arbeitsentgelt sind daher zukünftig noch besser und objektiv zu begründen – zum Beispiel durch eine längere Betriebszugehörigkeit oder besondere Qualifikationen von Mitarbeitenden.

Gut möglich, dass in den Unternehmen deshalb in den nächsten Monaten viele Arbeitsverträge geprüft oder detaillierte Leistungsdokumentationen aufgesetzt werden. Für die Personalabteilungen bedeutet das zusätzlichen Aufwand. Gehaltsverhandlungen gibt es natürlich auch weiterhin – gleichzeitig wird es für Arbeitgebende schwieriger, im Einzelfall zu erklären, warum das Entgeltgleichheitsgebot nicht eingehalten wird.

Checkliste Gender Pay Gap in Unternehmen

Du willst herausfinden, ob es in deinem Unternehmen einen Gender Pay Gap gibt? Dabei unterstützen dich praktische Tools, mit denen du prüfen kannst, wie gut du bereits aufgestellt bist und die dir helfen, deine Entgeltstrategie weiterzuentwickeln. Wir stellen dir im Anschluss einige dieser Analyse-Tools vor. In der Regel enthalten sie folgende Elemente, die auch als Checkliste für deine Entgeltstrategie dienen kann:

  1. Arbeitsbedingungen analysieren: Wie werden die verschiedenen Tätigkeiten in deinem Unternehmen bewertet? Welche Arbeitszeitmodelle existieren? Wie viele Frauen arbeiten in Führungspositionen? usw.

  2. Gehaltsstrukturen prüfen: Wie erfolgt die Leistungsmessung? Welche Entgeltkomponenten existieren? Gibt es Gründe, dass Mitarbeitende verschieden viel verdienen? usw.

  3. Auswahl von praktischen Maßnahmen für mehr Lohngleichheit.

Entgeltgleichheit: Analyse-Tools und Prüfverfahren

Laut dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) ist das Entgeltgleichheitsgebot in vielen Unternehmen nur wenig bekannt. Entgeltdiskriminierungen seien zudem oft schwer zu erkennen. Um das Thema in deinem Unternehmen aktiv anzugehen, hast du die Wahl zwischen zahlreichen Instrumenten und Prüfverfahren. Sie helfen dir dabei, die Gehaltsgerechtigkeit in deinem Unternehmen zu überprüfen. Im Folgenden findest du Tools für die Entgeltanalyse von staatlichen Stellen und von etablierten Serviceanbietern.

Equal-Pay-Zertifikat von Baumgartner & Partner

Mit dem Equal-Pay-Analyse-Tool von Baumgartner & Partner spürst du Entgeltlücken in deinem Unternehmen auf und du bekommst konkrete Handlungsempfehlungen. Nach der erfolgreichen Umsetzung erhält dein Unternehmen das Equal-Pay-Zertifikat mit dem Logo des Bundesfamilienministeriums – das bedeutet Rechtssicherheit. Die webbasierte Lösung enthält u. a. folgende Teilbereiche:

  • Analyse der Entgeltstrukturen: Struktur der Ist- und Marktvergütung

  • Stellenbewertung, Funktionsbeschreibung und Tätigkeitsvergleich, u. a. mit den Kriterien Business- und Fachkompetenz, Management- bzw. Koordinationskompetenz, Kommunikation und soziale Kompetenz, Entscheidungsrahmen, Ressourcen- und Budgetverantwortung

  • Verdienststrukturanalyse, u. a. mit der Berechnung des unbereinigten und bereinigten Gender Pay Gaps sowie der Durchschnitts- bzw. Medianentgelte von Frauen und Männern, Ermitteln von statistischen Auffälligkeiten

Mit dem Werkzeug sind umfangreiche Gehaltsanalysen möglich, einschließlich des genauen Vergleichs von Stellen- und Stellenwertgruppen. Das Tool besitzt diverse Reporting-Funktionen, darunter Berichte gem. § 21 EntgTranspG. Es ist für Unternehmen ab 200 Mitarbeitenden einsetzbar.

Equal-Salary-Zertifizierung

Zielgruppe dieses Prüfverfahrens sind Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden, darunter mindestens zehn Frauen. Der Prozess besteht aus den Schritten: Lohn- und Gehaltsanalyse, Vor-Ort-Audit von HR-Prozessen und Angestellten, Zertifizierung und Monitoring-Audits. Das Zertifikat ist drei Jahre lang gültig. Analysen und Audit führt die internationale Unternehmensberatung PwC durch. 

„Fair Compensation“ Audit

Mithilfe von wissenschaftlichen Analysen untersucht dieser Audit, ob in einem Unternehmen Lohngerechtigkeit besteht. Ist das nicht der Fall, schlägt das Tool Maßnahmen vor, um die Entgeltdiskriminierung abzubauen. Am Ende des Prozesses steht eine Zertifizierung, die bestätigt, dass die Gehaltsstruktur diskriminierungsfrei ist.

EY 360°-Beratung

Als weltweit tätige Unternehmensberatung ist die internationalen EY-Organisation erfahren in der Vergütungsberatung. Ihr 360°-Prozess startet ebenfalls mit Analysen der Entgeltstrukturen und Vergütungspraxis in den Unternehmen, aus denen sie individuelle Maßnahmen zur Lohngleichheit ableitet.

Monitor Entgelttransparenz

Dieses Online-Tool unterstützt Unternehmen bei der Umsetzung des Entgelttransparenzgesetzes. Es basiert auf dem eg-Check der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (s. unten). Der Monitor deckt mögliche Diskriminierungen in der Gehaltsstruktur und bei Entgeltkomponenten zwischen Frauen und Männern auf. Daneben zeigt die Lösung Ursachen für Gehaltsunterschiede und gibt Handlungshinweise.

Weitere Softwarelösungen für die Stellenbewertung und Vergütungsanalysen sind Kienbaum Pay Gap Scanner, Gapsquare FairPay, gradar.com, hkp/// group (Gender) Pay Analytics, Mercer Pay Equity Analyse sowie PayAnalytics. Details dazu findest du in der Tool-Übersicht des Berliner Fair Pay Innovation Lab

Entgeltgleichheit: Prüfverfahren von Bundesbehörden

Logib-D

Mit dem Excel-Tool „Lohngleichheit im Betrieb - Deutschland“ (Logib-D) können Unternehmen ihre Verdienststruktur nach Geschlechtern analysieren, anonym und freiwillig. Die Analyse ist nicht so komplex wie ein betriebliches Prüfverfahren, sie bietet aber einen ersten Überblick über wichtige personalwirtschaftliche Themen – zum Beispiel, wie Männer und Frauen in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen oder in der Führungsebene vertreten sind. Damit erhalten Personaler Hinweise darauf, ob Entgeltunterschiede bestehen und können daraus Maßnahmen ableiten.

eg-check.de

Der Entgeltgleichheits-Check ist ein Projekt der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Ziel des Analysetools ist es, Diskriminierungen bei der Bezahlung von Frauen sichtbar zu machen, um sie zukünftig auszuschließen. Es zeigt die Ursachen von Ungleichbehandlungen sowie ihr finanzielles Ausmaß auf.

EVA-Liste

EVA ist hier die Abkürzung für „Evaluierung von Arbeitsverfahren“. Mit der EVA-Liste des BMFSFJ überprüfst du anhand bestimmter Fragen verschiedene Verfahren der Arbeitsbewertung auf Geschlechtsneutralität. Als Einführung gibt es zwei Beispielanalysen. Zielgruppe: Mit diesem einfachen Tool können verhandelnde Sozialpartner Arbeitsbewertungen in Tarifverträgen auswerten.

Gleichstellungscheck für Unternehmen

Dieses Tool vom BMFSFJ ist ein Selbsttest für kleine und mittlere Betriebe. Damit überprüfst du deine Unternehmenskultur bezüglich der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern. Anhand deiner Antworten auf Fragen zu den Themen Personalrekrutierung, Arbeitsbedingungen, Gehalt und Kommunikation analysierst du den individuellen Handlungsbedarf. Der Check liefert Handlungsempfehlungen und konkrete Vorschläge für die Praxis.

Fazit

Gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit: Dieser Grundsatz rückt durch das aktuelle Urteil des Bundesarbeitsgerichts erneut in den Fokus. Schließlich liegt der bereinigte Gender Pay Gap zwischen Männern und Frauen in Deutschland – also unter Berücksichtigung lohnbestimmender Merkmal wie Beruf, Branche und Umfang der Beschäftigung – noch immer bei sechs Prozent. Analyse-Tools ermöglichen dir, Gehaltsunterschiede im Unternehmen zu ermitteln, Verbesserungen strukturiert umzusetzen und damit Lohngerechtigkeit herzustellen.

Hinweis/Disclaimer: Die Fakten zu den Gesetzen und Regelungen haben wir sorgfältig überprüft. Aktuelle Änderungen sind jedoch möglich, alle Angaben sind daher ohne Gewähr auf Vollständigkeit oder Korrektheit. Die Inhalte dienen der unverbindlichen Information und verstehen sich nicht als Rechtsberatung.

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NAWIDA Team NAWIDA Redaktion
Bei NAWIDA arbeiten Spezialisten für viele Bereiche: von Business Intelligence und Datenanalyse bis zu HR, Recruiting, SEO und Marketing. An manchen Beiträgen sind viele Köpfe aus dem Unternehmen beteiligt.

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