9 Tipps für die Anwerbung ausländischer Fachkräfte

Bürokratie und lange Verfahren machen es dem Mittelstand schwer, ausländische Fachkräfte nach Deutschland zu holen. Das können Unternehmen selbst tun, um ihr Recruiting bei der Suche nach Talenten im Ausland zu optimieren.

Ausländische Fachkräfte nach Deutschland zu holen, das soll in Zukunft einfacher werden: Die im Juni 2023 beschlossene Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes hat zum Ziel, dass Menschen mit Berufsausbildung oder berufspraktischen Kenntnissen leichter einwandern können. Was dir neben den gesetzlichen Regelungen noch weiterhilft, das findest du in den praktischen Tipps unserer Checkliste. Sie unterstützt dich bei der Anwerbung ausländischer Fachkräfte und Arbeitskräfte, egal ob du Hochschulabsolventen oder erfahrene Experten suchst. 

Ausländische Fachkräfte: weiter Weg nach Deutschland

Eine geringe Digitalisierung der Verwaltung, ein schwieriger Wohnungsmarkt, Probleme bei der Eingewöhnung: Wenn internationale Fachkräfte nach Deutschland kommen, fällt ihnen der Einstieg oft schwer, so eine Studie von InterNations. Aber auch die Unternehmen klagen – über zu viel Bürokratie bei der Anerkennung von Sprachkenntnissen, Abschlüssen und Berufserfahrung. Bis zu 17 Anträge, um eine Pflegekraft aus dem Ausland einzustellen oder eine Wartezeit von bis zu acht Monaten, um ein Visum zu bekommen, das schreckt Arbeitgeber ab.

9 Tipps, um ausländische Fachkräfte nach Deutschland zu holen

Die Anwerbung von Fachkräften im Ausland wird so für viele kleine und mittlere Unternehmen zu einer Herausforderung. Das reformierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz von 2023 verspricht weniger Bürokratie und soll es dem Mittelstand erleichtern, Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten zu gewinnen und einzustellen. Daneben gibt es jedoch weitere Faktoren, die dich bei der Anwerbung internationaler Fachkräfte unterstützen. Von rechtlichen Verordnungen über die Stellenausschreibung bis zu kulturellen Aspekten und der Integration im Unternehmen – hier ist unsere Checkliste:

1. Neue Regelungen auswerten

Prüfe, welche der neuen Regelungen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes für dich relevant sind. Ab November 2023 gilt: Wer einen Abschluss besitzt, der in Deutschland anerkannt ist, darf jede qualifizierte Beschäftigung ausüben. Ab März 2024 reichen zwei Jahre Erfahrung im angestrebten Beruf und ein im Herkunftsland staatlich anerkannter Abschluss, um in Deutschland arbeiten zu dürfen. Neu gibt es zudem ab Juni 2024 die sogenannte Chancenkarte.

2. Personalsuche optimieren

Wie und wo informieren sich geeignete Kandidaten in anderen Ländern? Welche Online-Stellenportale werden dort genutzt? Welche Social-Media-Plattformen sind besonders relevant? Auch bei Personalmessen im Ausland oder über den direkten Kontakt zu Hochschulen kannst du deine zukünftigen Fachkräfte erreichen.

Frage dich, welche Mitarbeitende du konkret suchst. Was sollen sie tun? Welche Positionen willst du besetzen? Sollen sie in Deutschland arbeiten oder sind Remote- und Hybrid-Modelle möglich? Gibt es bevorzugte Zielländer, in denen du nach Personal suchen willst?

3. Stellenanzeigen flexibel gestalten

Das überarbeitete Fachkräfteeinwanderungsgesetz gibt die Richtung vor: Fähigkeiten sind wichtiger als Abschlüsse. Berufliche Erfahrungen mit bestimmten Tools, Verfahren oder Prozessen sind für die konkrete Tätigkeit in deinem Unternehmen wahrscheinlich wichtiger als ein hier anerkannter Abschluss. Ein Weg, um mehr Talente zu erreichen ist daher, dies in deiner Stellenausschreibung zu berücksichtigen. 

4. Stellenanzeigen auf Englisch schalten

Laut Chris Payk, Karrierecoach für ausländische Fachkräfte, werden hierzulande nur vier Prozent der Stellenausschreibungen auch auf Englisch geschaltet. Die Hälfte der Jobinserate stammt dabei von nur etwa 350 Unternehmen. Doch auch kleine und mittlere Firmen sollten diese einfache Möglichkeit ergreifen. Nutze die Chance, um mit deiner Stellenanzeige besser aufzufallen und mehr geeignete Kandidaten anzusprechen. Der Karrierecoach rät Unternehmen außerdem, von den Bewerbenden keine perfekten Deutschkenntnisse zu erwarten. Vor Ort könnten die Fachkräfte die Sprache weitaus besser lernen.

5. Bewerbungs- und Einstellungsprozesse anpassen

  • Lass dich nicht verunsichern, falls die Bewerbungsunterlagen anders aufgebaut sind, als du es gewöhnt bist. Auch hier stehen die beruflichen Erfahrungen und Kompetenzen im Mittelpunkt.

  • Videointerviews sind inzwischen auch bei Bewerbungen innerhalb Deutschlands weit verbreitet. Bei Bewerbungen aus dem Ausland sind sie unverzichtbar. Finde heraus, wie sich die Bewerbenden ein Leben in Deutschland vorstellen. Denn eine realistische Einschätzung der Bedingungen ist die Basis für eine langfristige Bindung an dein Unternehmen.

  • Gestalte deinen Bewerbungsprozess einfach und transparent. Das hilft dir zudem bei allen Kandidaten, egal aus welchem Land sie kommen.

6. Rechtliche Anforderungen kennen

Für die Anwerbung ausländischer Fachkräfte gelten eine Reihe von rechtlichen Verordnungen rund um Visa und Aufenthaltstitel. Informiere dich deshalb umfassend über Bereiche wie zum Beispiel:

  • Arbeitsverträge,

  • eventuelles Mindestgehalt,

  • Qualifikation (anerkannt oder anerkennungsfähig),

  • Anerkennungsverfahren für ausländische Bildungsabschlüsse und Berufsqualifikationen,

  • Krankenversicherungsnachweis.

So fällt es dir leichter, alle nötigen Unterlagen für das Verfahren zusammenzustellen und deine zukünftige Fachkraft bei der Antragsstellung für das Visum, dem Zusammenstellen von Unterlagen und anderen Schritten zu beraten. Eventuell kannst du für deinen Bedarf auch das beschleunigte Fachkräfteverfahren nutzen. Das verkürzt den Anerkennungs- und Visumsprozess auf zwei Monate.

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7. Informationen zur Verfügung stellen

Sorge dafür, dass deine zukünftigen Fachkräfte alle nötigen Informationen zum Arbeiten in Deutschland schnell bekommen. Hier sind einige wichtige Ressourcen:

  • Make it in Germany: Informationen über die Blaue Karte EU und welche Jobprofile gefragt sind, alles Wissenswerte zu Anerkennungsverfahren, Bewerbungen und Arbeitsrecht

  • Willkommensbroschüre der Bundesagentur für Arbeit mit Informationen zur Arbeitsaufnahme in Deutschland

  • Visa-Navigator des Auswärtigen Amtes

  • Informationen zu Einwanderung und Aufenthalt des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF)

  • Informationen des Auswärtigen Amtes zur Einreise von Fachkräften

8. Integration der Fachkräfte unterstützen

Bei der Einstellung von internationalen Fach- und Arbeitskräften ist die Integration entscheidend, damit sie dein Unternehmen nicht bald wieder verlassen. Dazu zählen eine gezielte Einarbeitung durch Mentoren oder Paten, interkulturelle Trainings und Sprachkurse sowie die Förderung des Austauschs mit dem bestehenden Team. Eine offene und unterstützende Unternehmenskultur sowie Hilfe beim Ankommen im Alltag in Deutschland tragen zusätzlich zur erfolgreichen Integration bei. Hier sind besonders Führungskräfte gefordert, entsprechende Maßnahmen anzustoßen.

Wichtig ist es zudem, den neuen Mitarbeitenden eine Perspektive aufzuzeigen, die Aufgaben genau zu beschreiben und sie mit einem Karriereplan langfristig an dein Unternehmen zu binden. „Je präziser die Anforderungen, desto geringer hinterher die Enttäuschung“, so Martin Theobald von der Unternehmensberatung terrassign GmbH in einem Podcast der IHK Berlin.

9. Unterstützung suchen und nutzen

Ausländische Fachkräfte für den Arbeitsmarkt in Deutschland gewinnen: Zahlreiche Agenturen, Behörden und Organisationen unterstützen Unternehmen bei diesem noch immer aufwendigen Prozess. Hier ist eine Auswahl:

  • Die Bundesagentur für Arbeit bietet Information und Beratung für die Beschäftigung von ausländischen Fach- und Arbeitskräften, zum Beispiel bei Saisonarbeitskräften aus bestimmten Drittstaaten, die Beschäftigung mit Werkverträgen oder die Beschäftigung von Pflegekräften aus dem Ausland

  • EURES (European Employment Service): ein EU-weites Netzwerk, um Fachkräfte aus dem europäischen Ausland zu finden. Im integrierten Jobportal können Unternehmen kostenlose Online-Stellenanzeige aufgeben.

  • Der Quick-Check des Portals Make it in Germany zeigt Unternehmen die Möglichkeiten auf, internationale Fachkräfte zu suchen, einzustellen und zu integrieren. Dort findest du auch die Hotline „Arbeiten und Leben in Deutschland“ sowie aktuelle Projekte zur Fachkräftegewinnung.

  • Die regionalen und örtlichen IHKs bieten viele Informationen zum Rekrutieren von ausländischen Fachkräften sowie Anträge und Checklisten zur Integration.

  • Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung: Informationen zum Thema Beschäftigte aus dem Ausland

  • Der Personalservice der Außenhandelskammern bietet vielfältige Dienstleistungen für die Personalbeschaffung an.

  • Informationsportal der Bundesregierung: Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen

  • Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle: Förderprogramm zur Suche nach Bewerbenden und der betrieblichen Integration inländischer und ausländischer Jugendlicher sowie weitere Information zum Thema Fachkräfte.

Extra-Tipp: Internationale Azubis und Studierende ansprechen

Du kannst abschätzen, wie dein Fachkräftebedarf in ein paar Jahren aussieht, weil du weißt, wie sich dein Markt in der Zukunft entwickelt? Dann ist auch die Einstellung von internationalen Auszubildenden oder ausländischen Studierenden eine Option, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. So können junge Menschen aus den EU- und EFTA-Staaten ohne Genehmigung eine duale Ausbildung in Deutschland durchlaufen. Für Azubis aus Drittstaaten gibt es neben dem Aufenthaltstitel weitere Voraussetzungen, die für den Visumsantrag nötig sind. Für alle gilt, eine duale Ausbildung ist ohne Altersbeschränkung möglich.

Neu ab März 2024: Studierende aus Drittländern dürfen bis zu 140 volle (bzw. 280 halbe Tage) arbeiten. Werkstudentenjobs sind bis zu 20 Stunden pro Woche erlaubt. Zudem können Studierende aus dem Ausland während des Studiums in eine qualifizierte Beschäftigung wechseln. 

Fazit: mehr Erfolg beim Anwerben von Fachkräften

Mit dem überarbeiteten Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird es leichter, ausländische Fachkräfte nach Deutschland zu holen. Kürzere Verfahren durch weniger Bürokratie ist gerade für kleine und mittlere Unternehmen eine wichtige Verbesserung. Daneben hat der Mittelstand von der Stellenanzeige bis zum Onboarding vielfältige Möglichkeiten, um die eigenen Recruiting-Prozesse zu optimieren. Und nicht vergessen: Die Anwerbung ausländischer Fachkräfte ist nur eine von vielen Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel, die der Mittelstand nutzen kann, um passende Talente zu finden.

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Sven Ole Schubert NAWIDA Redaktion
Autor und Redakteur mit grenzenloser Passion für Worte und Storys. Beiträge über Mittelstandsthemen, wie HR, Vertrieb und Marketing, aber auch über Kreativität, Nachhaltigkeit und Popkultur.

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